Rendite und Risiko

Wertpapiere bergen sowohl Chancen, d.h. Rendite als auch Risiko. Beide Facetten sind im Grunde genommen zwei Seiten der gleichen Medaille. Auch Otto-Normalanleger sollte sich gründlich damit auseinandersetzen. Zum Glück muss er dafür auch gar kein Raketenwissenschaftler sein.

Je größer die Rendite, desto größer das Risiko

Es sollte 2009 gewesen sein, als ich eine Rede des langjährigen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth hörte. In der anschließenden Fragerunde wollte ein Zuhörer von dem ausgewiesenen Wirtschaftsexperten wissen, warum es denn nun eigentlich zur Finanzkrise gekommen sei. Späth antwortete knapp: „Es isch wie immer: Einer wollte 25% Zinsen, alsch es nur 5% gab.“

Zinsen (oder allgemeiner Rendite) und Risiko sind untrennbar miteinander verbunden. Wenn ihr eure Ersparnisse auf dem Girokonto hortet, ist das Letzteres äußerst gering. Selbst, wenn eure Bank in Schwierigkeiten geraten und pleite gehen sollte, würdet ihr euer Geld in Deutschland aus dem Einlagensicherungsfonds der Privatbanken (z.B. Deutsche Bank oder Commerzbank) bis zu einer gewissen Höhe zurückerhalten, bzw. die anderen Institute der Gruppe würden es durch gegenseitige Stützung nicht zu einer Pleite kommen lassen (das betrifft die Sparkassen sowie die Volks- und Raiffeisenbanken). Den Preis dieses geringen Risikos bezahlt ihr über die Zinsen auf das Girokonto: ca. 0%.

Wenn ihr euer Erspartes stattdessen in gerade erst gegründete Unternehmen (Start-ups) investiert, tragt ihr ein wesentlich höheres Risiko. Die Schätzungen schwanken hier mitunter, aber die häufiger zu hörende Zahl von 80% der Start-ups, die in ihren ersten drei Jahren scheitern, erscheint durchaus plausibel. Für diese Gefahr fordern Wagniskapitalgeber („venture capitalists“) eine angemessene Prämie: mehr als 80% pro Jahr sind bei Start-up-Investments durchaus drin.

Der Zusammenhang zwischen Rendite und Risiko ist euch auch schon begegnet, wenn ihr einen Kredit für den Hausbau aufgenommen habt. Dabei wird euch aufgefallen sein, dass es einen umgekehrten Zusammenhang zwischen eurem Eigenkapital und den Kreditzinsen gab: Je mehr Eigenkapital ihr in den Hausbau stecken konntet, desto geringer der benötigte Kredit und desto niedriger auch (in aller Regel!) der Zins. Die Erklärung dafür ist schlicht und einfach, dass jeder Euro Eigenkapital die Gefahr für die Bank, dass ihr eure Raten plötzlich nicht mehr zahlen könnt, reduziert. Also verlangt sie auch eine geringere Prämie dafür in Gestalt des Zinses.

Ein kurzer Ritt durch die Asset-Klassen

Dass Geld auf Girokonten (oder Sparkonten) niedrigere Rendite bei niedrigem Risiko bieten, haben wir oben schon gesehen. Ähnlich, aber schon ein wenig anders sieht es bei Anleihen aus. Nehmen wir z.B. eine Bundesanleihe mit einer Laufzeit von einem Jahr: Es ist so gut wie ausgeschlossen, dass Vater Staat nicht dazu in der Lage sein wird, euch den Nennwert der Anleihe zzgl. der vereinbarten Zinsen in zwölf Monaten zurückzuzahlen.

Warum? Deutschland verschuldet sich zwar mittlerweile wieder ordentlich, hat im Vergleich zu anderen Staaten wie z.B. Italien aber einen geringen Schuldenstand und könnte zur Not auch einfach die Steuern erhöhen, um die Anleihe zurückzuzahlen. Das Risiko des Emittenten (der Bundesrepublik Deutschland) ist also äußerst gering, was sich auch im Kupon (dem Zinssatz) der Bundesanleihe widerspiegelt. Nehmen wir nun an, die Bundesanleihe hat eine Laufzeit von 30 Jahren: Hier ist der Kupon schon deutlich höher, denn in 30 Jahren könnte die Finanzlage Deutschlands weitaus kritischer aussehen. Wenn wir nun eine Anleihe Argentiniens kaufen – einem Staat, der regelmäßig in die Pleite schlittert und Anleihen nicht mehr bedienen kann – sehen wir nochmals deutlich höhere Renditen, weil die Ausfallwahrscheinlichkeit sehr hoch ist.

Obwohl sich der Übergang zwischen riskanten Anleihen und soliden Aktien fließend gestaltet, kann man doch grundsätzlich sagen, dass Aktien meistens riskantere Investments als Anleihen sind. Das liegt schon alleine daran, dass Aktien Eigen-, während Anleihen Fremdkapital darstellen. Schauen wir uns dazu kurz die La Plata AG an … ach, Kappes, sehen wir uns die Wirecard AG an! Und nehmen wir mal rein hypothetisch an, es hätte sich plötzlich herausgestellt, dass die Wirecard AG gar nicht so viel verdient, wie sie immer behauptet hat.

Nun kommt Wirecard in eine Lage, in der das Unternehmen seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann und Insolvenz anmelden muss. Ein bisschen Insolvenzmasse (z.B. Gebäude) ist aber noch da, sodass sich nun die Frage stellt, wer von den Investoren denn noch etwas bekommt. Fremdkapitalgeber (z.B. Banken), die Wirecard Kredite gegeben haben, sind hier besser gestellt und werden vorrangig bedient. Zuletzt bedient werden die Aktionäre, denn sie sind Eigenkapitalgeber. Anders als die Banken haben sie keinen Anspruch auf feste Zinszahlungen und eine Rückzahlung ihrer Einlage, allerdings stehen ihnen dafür umgekehrt auch jährlich alle Gewinne zu, die Wirecard gemacht haben sollte.

Anstatt also jährlich 3% Zinsen zu kassieren, konnten sie sich entweder über Ausschüttungen oder aber steigende Aktienkurse freuen. Ihr höheres Risiko brachte ihnen also auch eine höhere Rendite – zumindest, bis Wirecard in rauhe See kam, um das mal vorsichtig zu formulieren. (Selbstverständlich hat der Autor dieser Zeilen es auch mal mit Wirecard versucht, wird diesem Abenteuer aber einen amüsanten eigenen Beitrag widmen).

Wie sieht es mit Immobilien aus? Die Berechnung von historischen Renditen ist in diesem Fall recht knifflig, weil es im Gegensatz zu Aktien oder Anleihen nur eine dürftige Datenbasis und – qualität gibt. Die längste Zeitreihe, die ich bei einem von mir geschätzten Autor dazu finden konnte, reicht zwar bis 1900 zurück, ist aber aus den o.g. Gründen mit Vorsicht zu genießen. Wie ich instinktiv erwartet hätte, lag die Gesamtrendite von Wohnimmobilien leicht über jener langlaufender Staatsanleihen, aber deutlich unter der von Aktien.

„Betongold“ ist eben, auch wenn es sich so anfühlen mag, auch kein risikofreies Investment: Naturkatastrophen, demographischer Wandel, Stadt-/Landflucht oder einfach nur ein „Messy“ als Mieter – all das gab es schon und wird es auch in Zukunft geben. Ich möchte dieses Kapitel aber nicht schließen, ohne freimütig einzuräumen: Ein „Messi“ als Mieter wiederum wäre natürlich eine feine Sache.

Fazit: Je mehr Rendite ihr mit eurem Investment einfahren wollt, desto mehr Risiko müsst ihr auf euch nehmen. In ansteigender Chance-Risiko-Rangfolge haben wir uns hier jeweils kurz Giro-/Barguthaben, Anleihen, Immobilien und Aktien angesehen. In jedem Fall solltet ihr stutzig werden und an Lothar Späth denken, wenn der nächste Finanzexperte durch die Straßen zieht und euch 25% Rendite bei absoluter Sicherheit verspricht, obwohl es auf dem Sparbuch nur 5% gibt: „Es isch wie immer.“

1 Kommentar zu „Rendite und Risiko“

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen