Finanzielle Ziele und die Wertpapiere in eurem Depot sollten stets zueinander passen. Denn wer weiß, dass er das Weihnachtsgeld in den nächsten Jahren nicht ausgeben wird, muss es nicht auf dem Sparkonto parken. Was das alles mit dem 8. Weltwunder zu tun habt, schauen wir uns in diesem Beitrag an.
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Finanzielle Ziele sind der erste Schritt
Bevor man eine Urlaubsreise bucht, muss man sich zuerst überlegen, wohin es denn gehen soll. So ähnlich ist das auch mit den Finanzen. Bevor man ein bestimmtes Wertpapier kauft, sollte man sich zumindest grundsätzlich überlegt haben, welche finanziellen Ziele man damit verfolgt. Dabei gilt die Faustformel: Je länger der gewünschte Anlagebetrag nicht benötigt wird, desto riskanter kann die gewählte Asset-Klasse, bzw. das gewählte Wertpapier sein.
Habt ihr z.B. gerade 2.000 € auf der hohen Kante und gleichzeitig geplant, in einigen Monaten 10 Tage Urlaub am Mittelmeer zu machen, solltet ihr das Geld lieber risikoarm auf das Tagesgeldkonto legen. Schließlich wisst ihr ziemlich genau, dass ihr in ein paar Monaten 2.000 € brauchen werdet, um die Reise zu bezahlen. Und wer kann schon sagen, ob die für 2.000 € gekaufte Aktie in ein paar Monaten nur noch 1.000 € wert ist?
Anders sieht es aus, wenn ihr euch sicher seid, die 2.000 € auf Jahre nicht ausgeben zu wollen. Ein schönes Beispiel hierfür sind die beliebten Geldgeschenke zur Geburt eures Enkels, Neffen, usw..: Meistens kommt das Geschenk mit der beim beschenkten Kind sehr beliebten Auflage, vor dem 18. Geburtstag keinen Cent davon anrühren zu dürfen. 2.000 €, die 18 Jahre lang festliegen, kann man dann ohne weiteres zu 100% in risikoreichere Wertpapiere wie Aktien und ETF investieren. Dem Spross kann es nämlich egal sein, wenn der Wert der Anlage zwischenzeitlich um 30% fällt – er kommt ja sowieso nicht ran und sitzt die Delle einfach aus!
Der Lohn für’s Warten ist auf lange Sicht eine stattliche erwartete Rendite, die bei einem breit gestreuten Investment zumindest in der Vergangenheit bei durchschnittlich ca. 7% pro Jahr lag. Euer Enkel oder eure Nichte könnte sich dann mit Erlangen der Volljährigkeit über ca. 6.760 € freuen (von denen allerdings ein Teil noch an Vater Staat fließen wird).
Dass aus 2.000 € in 18 Jahren 6.760 € werden konnten, klingt nicht nur wundervoll. Denn 7% Rendite auf 2.000 € im 1. Jahr macht 140 € Ertrag; im 2. Jahr fallen die 7% Rendite dann schon auf 2.000 € + 140 € aus dem 1. Jahr an: 7% Rendite auf 2.140 € macht knapp 150 € Ertrag, da Rendite auf Rendite anfällt. Diesen Zinseszinseffekt soll unter anderen Albert Einstein einst als 8. Weltwunder bezeichnet haben.
Finanzielle Ziele in typischen Lebenssituationen
Finanzielle Ziele sind naturgemäß eine sehr individuelle Entscheidung. Der eine möchte sich im Hier und Jetzt so viel wie möglich gönnen, der andere vielleicht ein paar Jahre früher in Rente gehen. Allgemein gültige finanzielle Ziele gibt es deshalb leider nicht. Allerdings gibt es in verschiedenen Lebensphasen Ziele, die sich bei den meisten von uns doch ähneln werden.
So ist beispielsweise kaum eine Lebenssituation vorstellbar, in der es nicht ratsam wäre, einen Notgroschen verfügbar zu halten. Die unerwartete Autoreparatur, eine kaputte Waschmaschine oder ein Implantat beim Zahnarzt können leicht in die Hunderte und Tausende Euro gehen, die man bei Bedarf flüssig haben sollte. Doch wie hoch sollte diese eiserne Reserve sein? Der phantasielose Rat lautet hier meistens „mindestens drei Nettogehälter“.
Besser wäre es allerdings, ein wenig Zeit ins Nachdenken zu investieren. Wie groß muss mein Notgroschen sein, wenn mein Auto, meine Waschmaschine und meine Zähne gleichzeitig kaputt gehen? Die Höhe hängt dann letztlich davon ab, ob ihr überhaupt ein Auto oder Zähne habt, die kaputt gehen können. So muss ich als Mieter selbstverständlich auch keine eiserne Reserve für eine Dachreparatur vorhalten.
Manche, selten vorkommende Lebenslagen verursachen, wenn sie denn eintreten, höhere Kosten als Otto-Normalverbraucher mit einem Notgroschen abdecken könnte. Dazu gehören teure medizinische Behandlung, Schmerzensgelder, usw.. Diese existenziellen Lebensrisiken sollte man über passende Versicherungen absichern. Welche Versicherung genau man braucht, ist wieder eine höchst individuelle Frage. Eine weitere Faustregel besagt: Sichere ab, was dich ruinieren könnte. Eine Kranken- und eine Haftpflichtversicherung zählen also mit Sicherheit dazu.
Spätestens, seit wir Norbert Blüms allerbesten Witz – „Die Rente ist sicher“ – endlich alle verstanden haben, gehört auch die Altersvorsorge zu unseren finanziellen Zielen. Ohne zu tief in die politischen Diskussionen der letzten Jahrzehnte einzutauchen, lässt sich zumindest festhalten: Wer seinen Lebensabend einigermaßen komfortabel verbringen will, sollte zeitig etwas dafür zurücklegen. Wieviel das sein sollte und wie man es ansparen kann, werden wir uns in einem späteren Beitrag anschauen.
Im Gegensatz zum Notgroschen gilt allerdings hier, dass zumindest die jüngeren unter uns Zeit mitbringen und deshalb guten Gewissens zumindest einen Teil ihrer Altersvorsorge in risikoreicheren Wertpapieren anlegen können (ihr erinnert euch, Einstein und das Weltwunder…).
Die letzte typische Lebenssituation, die wir uns hier ansehen, ist mit Blick auf finanzielle Ziele die Kniffligste: Ihr spart, um euch in ein paar Jahren endlich den ersehnten Porsche 911 zu kaufen, wozu ich euch aufrichtig ermuntere! Ich besitze nämlich Aktien des Unternehmens und habe eben recherchiert, dass ein neuer Porsche 911 irgendwo nördlich der 100.000 € kostet und ihr damit (na gut, nur ein sehr kleines bisschen) in meine Tasche konsumiert. Nun hängt sehr viel davon ab, wie lange ihr voraussichtlich braucht, bis ihr die gut 100.000 € angespart habt. Ihr schafft es in zwei Jahren? Dann legt das Ersparte am besten auf’s Tagesgeldkonto, um das Risiko von Kursverlusten bei Wertpapieren auszuschließen.
Ihr braucht doch eher fünf Jahre? Hier könntet ihr überlegen, zumindest einen Teil in kurzlaufende Anleihen anzulegen. Die bringen etwas mehr Rendite als das Tagesgeld, schwanken dafür aber auch ein wenig im Wert. Ihr würdet doch eher 10 Jahre und mehr brauchen, bis ihr die Kohle zusammen habt? Dann könnt ihr zu Beginn zumindest zu einem Teil in Aktien oder ETF investieren, solltet aber den Anteil des Ersparten, der in Aktien liegt, über die Jahre schrittweise auf Anleihen oder Tagesgeld umschichten.
Fazit: Wertpapiere müssen zu den finanziellen Zielen passen, nicht umgekehrt! Und obwohl es keine allgemeinen, ehernen Regeln für die finanziellen Ziele gibt, seid ihr gut beraten, euch Gedanken darüber zu machen. Je länger eine gewisse Summe nicht benötigt wird, desto risiko- und damit chancenreicher dürfen die gewählten Wertpapiere sei. Umgekehrt gehört Kapital, das voraussichtlich bald benötigt wird, auf Giro- oder Tagesgeldkonto.